Grundsatzurteil des Bundesfinanzhofs: Eigenkapitalersatzrecht fällt auch steuerlich weg (Verluste von Gesellschaftern werden problematisch)

Der BFH hat sein Grundsatzurteil vom 11.7.2017 (Az. IX R 36/15) nun am 27.9.2017 veröffentlicht. Gesellschafter-Verluste werden damit vorerst nicht mehr im Rahmen des § 17 EStG abziehbar sein - angekündigt sind jedoch weitere Urteile, die die Folgen klären sollen.

Im Jahr 2008 wurde mit dem sog. MoMiG das vormalige sog. Eigenkapitalersatzrecht zivilrechtlich hinfällig. In der Folge war man (u.a. durch die Ansicht der Finanzverwaltung) der Auffassung gewesen, dass dennoch die steuerlichen Grundsätze zu nachträglichen Anschaffungskosten weiter gelten würden (steuerlicher Eigenkapitalersatz).

 

Danach galt bislang, dass Gesellschafterdarlehen oder Bürgschaftsverluste, die ein Gesellschafter erlitten hat (weil die Gesellschaft dann meist später insolvent war und aufgelöst wurde), als sog. nachträgliche Anschaffungskosten (d.h. wie ein Kaufpreis oder Kapitaleinlage) behandelt wurden.

 

Der Gesellschafter hat damit dann bei einer Auflösung der Gesellschaft über § 17 EStG einen Verlust in seine Steuererklärung hineinbekommen, den er mit anderen Einkünften verrechnen konnte.

 

Dieser sog. „Eigenkapitalersatz“ (daher auch „eigenkapitalersetzende Darlehen“ etc.) war bis 2008 klare Rechtsprechung – zum Teil allerdings sehr kleinteilig wegen der Frage, ob das Darlehen noch einen Wert hatte.

 

 

Aktuell hat der BFH nun entschieden, dass (später ausgefallene) Darlehen und auch Aufwendungen aus der Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft keine (nachträglichen) Anschaffungskosten sein können. Nachträgliche Anschaffungskosten könnten nur sein: offene oder verdeckte Einlagen.

 

 

 

Vorläufiges Fazit

Soll die Verlustwirksamkeit im Sinne des § 17 EStG erhalten bleiben, sollten bei GmbH/UG-Finanzierungen eher Einlagen gemacht werden als Darlehen. Darlehen eignen sich dann nur für kurzfristige Finanzierungen und müssten wieder zurückgezahlt werden.

 

Bestehende Darlehen sollten ggf. vorsichtig in Einlagen gewandelt werden – Achtung: das Finanzamt schaut auf die Werthaltigkeit des Darlehens (sprich: die Rückführbarkeit) im Zeitpunkt der Umwandlung in eine Einlage. Insoweit ist vorab genau zu prüfen, in welcher finanziellen/steuerlichen Lage sich die Gesellschaft befindet.

 

Der BFH hat entschieden, dass er Vertrauensschutz für Sachverhalte gewährt, die bis 27.9.2017 (= Veröffentlichung Urteil) verwirklicht wurden. Nach unserer Lesart heißt dies aber, dass bis dahin die "Eigenkapitalersetzung" bereits eingetreten sein muss - im Einzelfall kann dies strittig werden. Es reicht danach nicht aus, dass bis 27.9.2017 das Darlehen (etc.) nur gewährt sein muss.

 

 

...zu erwartende Folgen?

Weiter abzuwarten bleibt, was steuerlich statt des Abzugs als Anschaffungskosten bei § 17 EStG gilt: im Grundsatz entsteht der Ausfall einer Kapitalforderung (§ 20 Abs. 2 EStG), der dann als Verlust wiederum nur mit anderen Kapitaleinkünften verrechenbar ist.

 

Diesen Vorgang gestalterisch vorwegnehmen könnte man durch verdeckte Einlage der Darlehensforderung in die Gesellschaft:

 

  • Ist das Darlehen werthaltig, wird auf Ebene der Gesellschaft der bilanztechnisch (Wegfall Darlehenssschuld) entstehende Ertrag außerbilanzmäßig (wegen verdeckter Einlage) korrigiert. Auf Seiten des Gesellschafters passiert in den Kapitaleinkünften (siehe § 20 Abs. 2 S. 2, Abs. 4 S. 2 EStG) ebenso nichts, da der gemeine Wert und der Nominalwert des Darlehens sich bei Werthaltigkeit decken. Man sollte damit dann allerdings erreicht haben, dass auch nach aktueller Rechtsprechung dann der Einlage-/Darlehenswert "am Ende" als nachträgliche Anschaffungskosten gewertet werden kann.
  • Mangelt es an der Werthaltigkeit des Darlehens, entsteht auf Seiten des Gesellschafters in diesem Jahr ein Verlust in den Kapitaleinkünften (§ 20 Abs. 2 S. 2, Abs. 4 S. 2 EStG). Dieser Verlust könnte innerhalb der Kapitaleinkünfte verwendet werden - interessant natürlich nur bei aktuell hohen oder kurzfristig erwartbaren positiven Kapitaleinkünften. Aber Achtung: Die Gesellschaft versteuert dabei den Wegfall der Darlehensforderung ggf. voll in der Körperschaftsteuer. Der Nominalwert des Darlehens fällt ertragserhöhend weg, die außerbilanzmäßige Korrektur erfolgt nur in Höhe der Werthaltigkeit des Darlehens (oft Null) - insoweit ist ggf. genau zu rechnen!